Gravierende Spätfolge: Nach einer Covid-19-Erkrankung ist das Risiko für ein Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS) achtfach höher als ohne vorherige Corona-Infektion, wie nun eine Studie aufzeigt. Dies bestätigt und quantifiziert den Zusammenhang des Erschöpfungssyndroms mit Covid-19. Die Fatigue ist bei den Betroffenen zudem meist stark ausgeprägt und könnte daher eine besonders schwere Form von Long Covid darstellen, wie die Forschenden berichten.
Eine Corona-Erkrankung kann verschiedenste Spätfolgen haben, die unter dem Sammelbegriff Long Covid oder Post Covid zusammengefasst werden. Dazu zählt unter anderem das Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS). Besonders Frauen sind von dieser Erkrankung betroffen, die sich vor allem durch Erschöpfungszustände und eine Verschlimmerung bei Anstrengungen auszeichnet. Bislang war jedoch strittig, wie viele Menschen nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 dieses Syndrom entwickeln – und ob das Chronische Fatigue-Syndrom nach Covid-19 häufiger auftritt als nach Infektionen mit anderen Viren.
Auswertung von Patientendaten
Ein Team um Suzanne Vernon vom Bateman Horne Center in Utah hat das coronabedingte CFS-Risiko nun näher untersucht und beziffert. Dafür ermittelten die Mediziner in einer großangelegten US-Studie der National Institutes of Health (NIH) mit 11.785 Teilnehmenden, wie viele der erwachsenen Patienten nach ihrer Covid-Erkrankung ein Chronisches Fatigue-Syndrom bekamen und wie stark deren Symptome waren.
Dasselbe untersuchte das Team bei 1.439 Menschen, die keine vorherige Infektion mit dem Coronavirus durchlebt hatten. Die meisten Teilnehmenden beider Gruppen waren gegen Covid-19 geimpft. Nicht berücksichtigt wurden Infizierte, die so schwer an Covid-19 erkrankt waren, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten.
Achtmal mehr Fatigue-Fälle nach Corona-Infektion
Die Analyse ergab, dass 4,5 Prozent aller untersuchten Covid-19-Erkrankten anschließend das Chronische Erschöpfungssyndrom entwickelten. Das sind rund achtmal mehr Betroffene als in der Kontrollgruppe der nicht Infizierten. Dort entwickelten nur 0,6 Prozent der Menschen ein CFS, wie Vernon und ihre Kollegen ermittelten.
Diese Zahlen bestätigen, dass eine Coronainfektion das Risiko erhöht, als Spätfolge unter einem Chronischen Fatigue-Syndrom zu leiden. Das erklärt auch, warum heute rund 15-mal mehr Menschen gegen CFS behandelt werden als noch vor der Corona-Pandemie. „Diese Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit für Gesundheitsdienstleister, ME/CFS als diagnostizierbare und behandelbare Erkrankung im Zuge von Covid-19 zu erkennen“, sagt Vernon. „Eine frühzeitige Diagnose und das richtige Management können Leben verändern.“
Fatigue stark ausgeprägt
Die Untersuchung ergab auch, dass die Erschöpfungs-Symptome bei den allermeisten CFS-Patienten klar erkennbar und stark ausgeprägt waren. Die Fatigue trat bei 90 Prozent der Betroffenen zusammen mit anderen Long-Covid-Symptomen wie „Brain Fog“ auf. „Dies könnte darauf hinweisen, dass ME/CFS nach Covid-19 eine schwer erkrankte Untergruppe von Long Covid darstellt“, schreibt das Team.
„Diese Analyse liefert die erste substanzielle Schätzung der Inzidenz von postviralem ME/CFS“, sagt Seniorautorin Rachel Hess von der University of Utah. Die exakte Zahl bleibt jedoch weiterhin unklar, da verschiedene Faktoren bei der Studiendurchführung dazu geführt haben könnten, dass die Betroffenen-Rate über- oder unterschätzt wird. Beispielsweise könnten Patienten mit schwerem CFS keine Kraft für die Teilnahme an der Studie gehabt haben und so unterrepräsentiert sein. Zudem könnten Betroffene mit leichteren oder schwankenden Fatigue-Symptomen diese nicht als solche erkannt und im Fragebogen nicht angegeben haben, so das Team. Dadurch könnten sie durchs Raster gefallen sein.
Das Chronische Fatigue-Symptom soll nun weiter erforscht werden, um es besser diagnostizieren und behandeln zu können. (Journal of General Internal Medicine, 2025; doi: 10.1007/s11606-024-09290-9)
Quelle: University of Utah Health